Wenn ihr auf einer Tour durch das nördliche Schleswig-Holstein unbedingt wahnsinnig freundliche Menschen treffen wollt, fahrt zur Wassersportgemeinschaft Arnis Grödersby und stattet dem Büro des Hafenmeisters einen Besuch ab. Das könnt ihr auch machen, wenn ihr weder Stell- oder Liegeplatz benötigt – einfach nur für gute Schwingungen. Wir hatten ja wie bereits geschrieben ein Begehr und zu diesem Zeitpunkt des Reiseberichts auch schon erfolgreich eingecheckt. Der Wohnmobilstellplatz direkt am Hafen hat Kiesboden und ist erfreulich klein, so dass man hier total angenehm in Ruhe sitzen und grillen kann, ohne das einem ständig jemand auf den Teller guckt. Es gibt Stromanschlüsse und eine Toiletten-Abwasser-Entsorgungsstation für die, die’s brauchen.
Wir brauchen jetzt erst einmal Grillgut und Getränke, sonst wird das heute nichts mehr mit dem Total-angenehm-in-Ruhe-sitzen-und-grillen. An dieser Stelle kommen die bereits erwähnten Fahrräder zum Einsatz. „Die 9 und die 12 habe ich noch. Nehmt euch die einfach weg da vorne“, spricht der (wirklich sehr freundliche) Hafenmeister und auch geht sie die wilde Drahteseljagd nach Kappeln. Da ist nämlich der nächste Supermarkt. Ein Rewe, um genau zu sein, und noch dazu ein leidlich stabiler. 14 Minuten soll der Ritt dauern, sagt Google Maps. Es geht nicht an der Haupstraße entlang, sondern über einen schmalen Feldweg, der durch Wiesen und Weiden dicht am Wasser entlang in die Nachbarstadt führt. Traumhaft schön. Geschmälert wird die Freude nur davon, dass mein Rad (die 9!) einen doppelte 8, also quasi eine 16 im Hinterrad hat und auch das ein oder andere Bar mehr Luft vertragen könnte. Die Fahrt ist eine reine Tortour. Bestimmt wisst ihr bereits, dass Einheimische und vielgereiste Schlei-Connoisseure Kappeln auch das San Francisco Schleswig-Holsteins nennen. In der Stadt geht es regelrecht bergig zu. Gegen die topographischen Erhebungen der Metropole an der Schleimünde ist der Telegraph Hill ein Rodelberg für Kleinkinder. Von Arnis aus muss man über alle sieben Hügel, auf denen San Kappelisco einst erbaut wurde, hinweg, um zum Rewe zu gelangen. Ich muss das mit 16 und ohne Luft. Und wieder zurück. Ich verdiene mir meinen Nachtisch – und vielleicht sogar ein zweites Bier!
Gekauft wird nicht viel, da unsere Dinner-Pläne so einfach wie schmackhaft sind, und wir jegliche Waren ja wieder zu Schneewittchen Fridolin in den Hafen zurücktragen müssen. Es gibt Penne Salsiccia, wobei wir die geschälten und zerkleinerten Fenchelwürste mit reichlich Knoblauch, Zwiebeln, Pfeffer, Salz und Paprika auf dem Grill zubereiten wollen, während die Nudeln drinnen auf dem Herd kochen, um dann beides in einer großen Schale mit reichlich Parmesan zu vermengen und zu Schlemmen bis wir umfallen.
Die Fahrt mit dem Rad von Kappeln nach Arnis führt übrigens am historischen Hafen vorbei. Das ist sicher eine gute Station für einen Zwischenstopp, wenn man nicht gerade tierischen Hunger hat und noch dazu darüber nachdenkt, wie genau der qualvollste Tod für ein Fahrrad aussehen könnte. Da man aber einem geschenkten Gaul nicht ins Maul schaut und der Tag viel zu schön ist, um sich aufzuregen, strampeln wir auf dem schnellsten Weg zurück und geben unsere fahrbaren Untersetzer wieder ab.
Ob sie denn in Ordnung seien, fragt der Hafenmeister noch bevor wir absteigen.
„Nein“, erwidere ich, „schau mal aufs Hinterrad.“
„Oh ja“, sagt der Hafenmeister, „das hat nen ordentlichen Schlach. Und Luft kann das auch mal vertragen. Man gut, dass ich euch für ne Testfahrt eingeteilt hab.“
Man hilft, wo man kann. Außerdem kann man über eine normale Radtour zum Supermarkt keine Geschichte schreiben. Der Abend verläuft noch schöner, als erwartet die Pasta schmeckt köstlich, alle hier bei der Wassersportgemeinschaft Arnis Grödersby sind super nett. Naja, alle bis auf die Frau mit den schweren Knochen, die vor uns in der Schlange 10 Minuten lang um drei Euro Liegegebühren für ihr 9-Meter-(naja, 8,50 Meter)-Boot feilscht. Ich wage zu erwähnen, dass sie mit 12 und 15 Euro gleichermaßen gut bedient sei, und wir für unser 4,60 Meter Hausboot gern 20 Euro zahlten. Sicher sei im Preis auch eine Tour mit Fahrrad Nr. 9 nach Kappeln inklusive. Der Hafenmeister grinst. Die Frau guckt böse. Wir verziehen uns an die Wasserkante, um das letzte Licht des Tages zu genießen und uns von einigen freundlichen Arniser Mücken stechen zu lassen. Um Uhr 10 liegen wir dann nach nochmaligem Besuch der blitzblank sauberen Duschen und Sanitäranlagen in der Koje. Morgen geht’s schon wieder Richtung Heimat.
Wir stehen spät auf, packen zusammen und fahren mit einem kurzen Umweg über die Bäckerei Carstensen (Mohnkuchen am Sonntag!) in Richtung Westen an der Schlei gen Schleswig. Hinter jeder Straßenbiegung gibt es hier lauschige kleine Häfen und versteckte Sandstrände. Das sieht alles eher Schwedisch als Schleswich aus. Wir fahren langsam, bleiben auf Landstraßen und Feldwegen und machen Zwischenstopp in Ulsnis. Am kleinen Hafen des Schlei Bootsclubs Ulnis-Steinefeld machen wir uns über unseren Frühstückskuchen her. Hier gibt es auch einen kleinen Strand. Die schönere Badestelle findet ihr jedoch wenn ihr weiter nördlich, kurz nach dem Dormuseum Ulsnis Richtung Osten in den Hagab abbiegt und der kleinen Straße ganz bis zum Ende durch den Wald bis ans Wasser folgt. Ich markiere die Schlei-Spots auch demnächst alle in der Spot Map.
In Schleswig steuern wir die historische Fischersiedlung Holm, also die Keimzelle oder das alte Zentrum der Stadt, an und genießen den Bummel durch die schmalen Gassen und dänischen Fischerkaten. Zum Abschluss essen wir (endlich!) ein Fischbrötchen bei Zanders Nordlicht am Hafen. Da haben wir auch geparkt. Nach mehr Matjes und Krabben als Brötchen zu fairen Preisen machen wir uns auf den Rückweg und freuen uns bereits auf unsere nächste Tour an die Schlei. Denn die kommt bestimmt.