Oortkatener See: Sonniger Sonntag

22 Grad in Hamburg. Das gab’s dieses Jahr noch nicht wirklich oft. Um sich die besten Plätze in der Sommerfrische zu sichern, galt es heute schnell zu sein. Sobald die Sonne sich länger als zwei bis drei Stunden am Stück blicken lässt, setzt in der Hansestadt die große Landflucht ein. Will heißen, die Flucht zu uns aufs Land. Da es denkbar wenig Sinn macht, den anrollenden Massen zu entgehen, in dem man sein Heil in der Flucht in die entgegengesetzte Richtung sucht, lautete die Devise „früh aufstehen und den Vorteil des kurzen Anfahrtsweges ausspielen“. Ersteres ist mir leider nicht ganz so gelungen, wie ich es mir gestern Abend ausgemalt habe. Jedwede Planung ist für die Katz, wenn man sie nicht ordentlich in die Tat umsetzt. Als ich um 9:00 Uhr von der 69er Ducati Scrambler meines Nachbarn geweckt wurde, fiel mir auf, dass ich vergessen hatte, den Wecker zu stellen. Glücklicherweise war Fridolin schon gepackt. Es konnte also noch reichen. Außerdem kann man 9 Uhr an einem Sonntag durchaus noch „früh“ nennen. Alles eine Frage der Perspektive. Ich habe mir einen Kaffe gekocht, bin mit der Tasse raus zu meinem Nachbarn und habe halbwach halbgare Kommentare zu seinen Bemühungen, den Gaszug einzustellen, gegeben. Der hat sich vielleicht gefreut. Möglicherweise war es meiner Gesellschaft geschuldet, dass er aufbrach, bevor die Maschine rund lief. „Das klingt aber nicht gut“, merkte ich noch an, als er unter ohrenbetäubendem Lärm und etlichen Fehlzündungen vom Hof bollerte. Meiner morgendlichen Unterhaltung beraubt, füllte ich Fridolins Kühlbox rasch mit Wasser und Alster, suchte eine CD für die zehnminütige Fahrt heraus und schwang mich auf den Bock. Gerade, als ich nach Rudolf-Diesel-Gedenkminute den Motor anlassen wollte, um selbst ein wenig zu knattern, kam mein Nachbar wieder um die Ecke. Ohne Motorrad. Er brummelte etwas, das wie „Scheiß-Italiener“ klang. Nebenan würde heute also weiter geschraubt werden.

Ich erreichte den Bäcker in Fünfhausen um 10:35 Uhr. Leider hatte mich im Vorfeld niemand über die offenbar geänderten Öffnungszeiten in Kenntnis gesetzt. Ich bin mir 100% sicher, dass er sonst immer bis 11 geöffnet hatte. Naja, wahrscheinlich zieht’s die BäckereifachverkäuferInnen auch ans Wasser. Und das ausbleibende Frühstück konnte meinen großen Kurzurlaubsplan nicht gefährden. Dafür war ich viel zu motiviert.

Am See angekommen war mein Lieblingsparkplatz direkt am See bereits vollständig belegt. Ein T3 Club Joker und eine schöne Caravelle hatten sich die Pole Position gesichert. Da hätten wir gut ins Bild gepasst, hatten aber keine Chance uns noch irgendwie dazwischen zu kurbeln. Der nächste Top-Spot ist der Parkplatz von Windsurfing Hamburg. Der liegt zwar auf der Elbseite des Deichs, aber man kann super nett wahlweise an einer großen Wiese oder direkt am Oortkatener Hafenbecken stehen. Fairerweise sollte man, wenn man die Fläche nutzt, bei WSH-Material leihen, oder im Shop eine Kleinigkeit kaufen. Aber das versteht sich a) von selbst und b) hatte ich Ersteres ohnehin vor. Die Mädels und Jungs schließen den Laden erst um 12 Uhr auf, und lagen als ich einparkte noch in ihren Campern. So viel zum Thema „Vorteil des kurzen Anfahrtsweges ausspielen“.

Um den Kreislauf auf Touren zu bringen, habe ich auf der Wiese mein SUP aufgepumpt, bin über den Deich zum Surfstrand gelaufen und habe eine Aufwärmrunde gedreht. Zuerst gegen den Wind hoch zur Nordspitze des Sees und dann ganz runter bis zum Badestrand am Südufer. Am Strand ist jetzt übrigens auch der Imbiss wieder geöffnet. Über Pfingsten waren die Schotten da noch dicht. Nach kurzer Verschnaufpause bin ich wieder zum Ausgangspunkt zurück gepaddelt. 75 Minuten dauerte die Tour insgesamt. Aufgewärmt für Teil 2 meines maritimen Sommerzweikampfs war ich alle mal. Ich ließ die Luft aus dem Board, zog mir einen Neo an und stellte zurück am Wasser fest, dass ich verkehrt herum in die neue Chest-Zip-Pelle geschlüpft war. Ganz offensichtlich war der eine Kaffee am Morgen nicht genug gewesen.

In den Materialcontainern von Windsurfing Hamburg findet sich eine ausreichende Auswahl an Boards und Segeln für Anfänger und ambitionierte, fortgeschrittene Surfer. Als ambitionierter Anfänger wählte ich ein 180 Liter Longboard und ein 5.7 Segel von Duotone. Wie (fast) immer kam der Wind ablandig, heute allerdings nur mit sanften 7-8 Knoten. Nichts desto trotz sind mir größere Segel im Handling zu anstrengend – zumindest nach nur einem Kaffee.

Ein paar Worte zum Surf-Revier Oortkaten: Der Start vom Westufer ist ein wenig tricky, da der Surfstrand im Windschatten des Deiches liegt. Das Ufer hat zudem alten Baum- und hohen Schilfbestand, so dass man erst ordentlich Wind im Segel hat, wenn man ein paar Meter rausgeschippert ist. Zusätzlich sollte man wissen, dass der Wind, wahrscheinlich auf Grund der Lage des Sees an der Elbe hinterm Deich, stets böig kommt. Für Anfänger nicht die einfachste Schule, aber auch nicht die schlechteste. Um ohne Schwimmeinsatz wieder am Ausgangspunkt anzukommen, muss man sehr zügig lernen, ordentlich Höhe zu fahren.

Nach 90 Minuten bin ich trockenen und stehenden Fußes wieder am Strand angekommen, ohne Geschwindigkeitsrausch, aber mit einem breiten Grinsen im Gesicht. Der See war mittlerweile deutlich zu voll mit SUPs, Kajaks und Schlauchbooten, um entspannt weiter zu fahren. Offensichtlich hatten auch die Langschläfer den Weg ans Wasser gefunden. Für Material und Klönschnack mit den stets freundlichen WSH-Jungs habe ich 24 Euro bezahlt. Glückseligkeit und anschließendes Chill-Out neben Fridolin gab’s gratis on-top.

Jetzt sitze ich auf der Terrasse und plane die Tour fürs nächste Wochenende. Es geht raus aus Hamburg. Endlich mal wieder! Ich bin schon ganz aufgeregt…

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